Fast 60 Jahre alt und immer noch kein graues Haar – Oder: Warum Kinder so gern vom Räuber Hotzenplotz hören

Schwarzer Hut, mit roter Feder, große Nase, sieben Messer und eine Pfefferpistole – so kennt man den berühmt-berüchtigten Räuber Hotzenplotz, den sympathischsten Bösewicht aller Zeiten.

Frau Klostermann und Frau Burbank beschreiben das aktuelle Projekt in der Funkelsterngruppe:

Nachdem die Kinder der Funkelsterngruppe sich beinah jeden Mittag mit dem Fingerspiel vom „Kasper“ verabschieden wollten, stand für uns irgendwann fest: die Kinder hören gern Geschichten vom Kasper. Und da gibt es doch diese eine, nicht altern wollende Geschichte vom Räuber Hotzenplotz. Wir entschieden uns für das Buch „Hotzenplotz und die Mondrakete“. Ein Teil von insgesamt vier Erzählungen von Otfried Preußler.

Aber was ist der Räuber Hotzenplotz genau? Eine Kindergeschichte? Ein Märchen? Eine Abenteuergeschichte? Oder gar der Vorläufer für Krimifilme?

Auf jeden Fall ist es eine typische Kaspergeschichte. Denn in beinah jedem Kasperstück kommen Kasper, Seppel, Großmutter, Räuber und Polizist vor.

Kinder empfinden Geschichten anders als Erwachsene.

Wenn sie in die Handlung eintauchen, wird sie zur Realität und die Kinder selbst identifizieren sich mit dem Helden der Erzählung.
Geschichten sind Seelennahrung. Die Kinder betreten das Land der Träume, der Fantasie, der unbegrenzten Möglichkeiten und der Wunder. Das Verständnis für Gut und Böse wird ebenso geschärft, wie das Bewusstsein für gelebte Werte.

Wenn wir den Kindern vorlesen, fangen wir die verschiedenen Charaktere ein, verändern unsere Stimme, machen es spannend. Dabei müssen wir darauf achten, wieviel Spannung ertragen werden kann, oder ob wir eine Situation durch Erklärungen entschärfen müssen.

Die Kinder fiebern mit, sind aufgeregt, stellen Fragen. Diese Fragen gilt es ernst zu nehmen und zu klären.
Ein Beispiel: „Warum klaut Hotzenplotz die Kaffeemühle?“ Vielleicht, weil er gern Kaffee trinkt, aber keine eigene Kaffeemühle hat. Er scheint überhaupt sehr arm zu sein, hat ja nicht einmal Schuhe. Vielleicht räubert er deshalb. „Der soll sich mal lieber Schuhe klauen, dann braucht er nicht barfuß laufen und hat saubere Füße.

Wichtig für die Geschichte ist auch, dass ausgerechnet die Kinder (Kasper und Seppel) den Räuber am Ende einfangen können. Kinder erfahren, dass sie auch schwierige, gar gefährliche Situationen meistern können. Am besten mit einem Freund an ihrer Seite. Das stärkt Kinder darin, sich selbst und ihre Fähigkeiten auszuprobieren – mit der Gewissheit, dass am Ende die Erwachsenen hinter ihnen stehen…so wie im Buch der Wachtmeister, der dem Räuber seine gerechte Strafe zuführt.

Am Ende gewinnt das Gute!!! Auch wenn es zwischendurch einmal spannend wird und wir uns vielleicht gruseln, um so schöner ist das Gefühl am Ende, wenn alles gut ausgeht.

Vorlesen fördert die Sprachentwicklung und die Konzentration. Kinder lernen sich für einen begrenzten Zeitraum auf das Vorgelesene zu konzentrieren, damit sie den Handlungsverlauf verstehen. Da immer nur ein Teil vorgelesen wird, überlegen wir gemeinsam was schon geschehen ist, bevor weitergelesen wird.

Damit werden die Kinder zum sprechen aufgefordert, aber auch zuhören, was der Andere gerade sagt ist wichtig. Manchmal begegnen uns in der Geschichte auch neue (manchmal sehr alte) Worte. Dann versuchen wir gemeinsam herauszufinden, was z. B. ein Zwicker ist. Auch Begriffe wie Kaffeemühle oder Spritzenhaus sind nicht unbedingt bekannt. So erweitert sich im Laufe der Geschichte nebenbei der Wortschatz.
Und es gibt Fantasieworte – Spaßworte – die die Kinder anregen, selbst Worte zu erfinden; z.B. wird aus „Hotzenplotz – Rotzenklotz“ oder aus „Zwackelmann-Wackelzahn“.

Mit Kreativangeboten vertiefen wir noch einmal das Gehörte. Die Kinder haben „Hotzenplotz Bärte“ gebastelt und aufgesetzt. Mit dem schwarzen Hut, aus der Verkleidungsecke, sieht man selbst aus wie der Hotzenplotz.
Beim „Räuberkinderfoto“ machen haben wir viel gelacht. Gar nicht so gruselig, der Hotzenplotz.

Eine Mondrakete schwebt in unserem Gruppenraum. Da steckt er drin, der Räuber. Nur die Füße schauen raus. Ab mit ihm zum Mond!

Auch so verarbeiten unsere Kinder die spannende Geschichte. Nun sind wir gerade dabei, im zweiten Buch, Großmutters Kaffeemühle wiederzufinden. Die Kinder freuen sich auf ein weiteres Abenteuer mit Kasper, Seppel und Dimpfelmoser.

Und vielleicht erfinden wir selbst einmal unsere eigene, kleine Räubergeschichte….

…kleine Räuber hätten wir jedenfalls genug 🙂